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Frankenkredite genau unter die Lupe nehmen

22.03.2012 | 00:34 | Ingrid Krawarik (Wirtschaftsblatt)

Fremdwährungsdarlehen. Der IWF wünscht sich von der Schweiz so bald wie möglich wieder einen flexiblen Franken-Euro-Wechselkurs.

Fremdwährungskredite sind nach wie vor ein heißes Thema. Während Bankberater ihre Kunden weiterhin auffordern, ihre Frankendarlehen in Euro zu konvertieren, raten viele seriöse Finanzberater (ja, die gibt es noch!), im Franken zu bleiben. Die Banken sprechen davon, dass sie "das Risiko für die Kunden herausnehmen wollen", unabhängige Finanzberater davon, dass die meist endfälligen Kredite und Tilgungsträger erst ein Drittel der Laufzeit hinter sich haben und der Zinsvorteil immer noch hoch ist - sodass nur die Bank von einer Konvertierung profitieren würde.


 

Die Krux an der Sache: Vor zehn Jahren waren Fremdwährungskredite ein vermeintlich bombensicheres Geschäft. Häuslbauer und Möchtegernbesitzer von Eigentumswohnungen finanzierten zumeist auf Anraten ihrer Bankberater Wohnträume mittels Darlehen in Schweizer Franken und zu einem geringeren Ausmaß auch im japanischen Yen. Die Kreditschuld sollte am Ende der Laufzeit durch einen Tilgungsträger zurückgezahlt werden.

Tilgungsträger

Im schlechtesten Fall sind diese Tilgungsträger Einzelaktien und einzelne Fonds, die wegen der Finanzkrise und des Absturzes an den Börsen unheimlich viel an Wert verloren haben -40,50,60 Prozent sind keine Seltenheit. Falls Sie zu diesen Leidtragenden gehören, tun Sie auf jeden Fall eines sofort: Feuern Sie jene Person (wenn das möglich ist), die ihnen zu diesem Wahnsinn geraten hat! Danach wechseln Sie in einen Tilgungsträger, der diesen Namen auch verdient - das kann zum Beispiel eine Fondspolizze sein, die aus einem breiten Mix von Aktien und Anleihen besteht. Wer bereits eine fondsgebundene Lebensversicherung abgeschlossen hat, ist auf jeden Fall besser dran als mit Einzelwerten. Dass die meisten Polizzen unter Wasser liegen, ist auch noch kein Beinbruch, solange die Laufzeit lange genug ist. Bei den niedrigen Kursen kauft der Tilgungsträger aktuell nämlich billig nach, dadurch erhöhen sich die Fondsanteile. Ein Erfolg der Tilgungsträger hängt dann natürlich von den Börsen ab. Diese müssten wieder deutlich zulegen - und das sollte längerfristig auch wieder passieren. Nicht selten haben heruntergeprügelte Aktien nach einigen Jahren neue Allzeithochs erreicht.

Check-up

Wenn ihr Bankberater Sie zu einem Gespräch bittet, gehen Sie also erhobenen Hauptes hin. Lassen Sie sich ihre derzeitige Kreditschuld ausrechnen, erhöhen Sie gegebenenfalls die Einzahlungsrate, fragen Sie nach einer Laufzeitverlängerung und überprüfen Sie Ihren Tilgungsträger. Es ist nämlich meist möglich, innerhalb des Tilgungsträgers die Strategie zu wechseln. Nachdem ihr Berater ihnen zum Frankenkredit und oft auch Tilgungsträger geraten hat, sollten dafür keine zusätzlichen Spesen anfallen.


Durch den Zinsvorteil wurde schon enorm viel eingespart

 

Kreditnehmer, die vor zehn Jahren ein Frankendarlehen aufnahmen, haben sich bis jetzt rund 30 Prozent an Zinsen erspart. Schließlich orientieren sich Frankenkredite am 3-Monats-Libor, der derzeit bei 0,10 Prozent notiert. Euro-Kredite folgen dem 3-Monats-Euribor, der aktuell bei 0,82 steht. Das ist ein Zinsvorteil von 0,7 Prozent. 2002 betrug der Unterschied 2,5 Prozent, 2008 mehr als vier Prozent.

Bei einer Konvertierung in Euro würde etwa bei der Erste Bank ein fixer Zinssatz von 3,75 Prozent auf zehn Jahre anfallen. Als Alternative steht ein variabler Zinssatz zur Auswahl, der sich am 3-Monats-Euribor plus Marge orientiert und nie über 4,75 Prozent steigt. Fazit: Die Zinsbelastung würde sich deutlich erhöhen.

Frankenkurs im Griff

Die dritte Variable für Frankenschuldner ist der Wechselkurs. Der Franken hat sich gegenüber dem Euro von 0,68 im Jahr 2002 auf derzeit 0,83 verteuert. Das bedeutet, dass Kreditnehmer mehr zur Seite legen müssen, da sich ihre Kreditschuld deutlich erhöht hat, der Tilgungsträger aber abgesoffen ist (siehe große Story). Durch die Zinsersparnis könnte sich dieser Verlust aber zumindest bei längeren Verträgen deutlich reduzieren, vielleicht ist man sogar im Plus.

In den Medien ist oft vom Euro-Mindestkurs von 1,20 Franken die Rede. Diesen hat die Schweizerische Nationalbank im September 2011 eingeführt, damit der Franken gegenüber dem Euro nicht noch stärker wird, weil das die Schweizer Wirtschaft zugrunde richten würde. Der IWF hat diese Taktik begrüßt, sie sollte jedoch keine Dauerlösung sein. Stärker würde heißen, dass Euro und Franken gleich viel wert wären (also ein Verhältnis von 1: 1). Der Euro-Franken-Kurs steht derzeit bei 1,21, der Franken-Euro-Kurs bei 0,83.

Für privaten Wohnbau sind derzeit noch 27,62 Mrd. € offen

 

Lange Zeit hatte es in Österreich bei Fremdwährungskrediten hohe Wachstumsraten gegeben. Erst als die Finanzmarktaufsicht im März 2010 einschritt und die Kreditvergabe an strenge Regelungen knüpfte, wurde zumindest der Neuvergabe Einhalt geboten. Zum damaligen Zeitpunkt hatten private Haushalte für den Wohnbau Fremdwährungskredite im Wert von 26,81 Milliarden € ausständig, davon entfielen 25,59 Milliarden € auf den Franken, 1,18 Milliarden € auf den Yen und ein sehr geringer Anteil auf den US-$.

Durch die folgende Euroschwäche erreichte das ausständige Kreditvolumen in Euro gerechnet ihren Höhepunkt erst Monate später. Beim Franken war das Ende Juli 2011 bei 28,69 Milliarden€ der Fall (siehe unten). Erst als die Schweizer Notenbank wegen ihrer immer stärker werdenden Währung Anfang September 2011 einschritt, konnten die Häuslbauer etwas durchschnaufen.


Historisch teuer

Je nachdem, wann der Kredit aufgenommen wurde, ist der Franken historisch aber noch immer teuer. Der Yen erreichte seinen Höhepunkt gegenüber dem Euro erst Ende 2011, als die ausständigen Yenkredite für den Wohnbau bei umgerechnet 1,4 Milliarden € den höchsten Wert seit 2003 erreichten.

Konsumkredite

Laut Oesterreichischer Nationalbank lagen Ende Jänner 2012 die Fremdwährungskredite für den Wohnbau bei 27,62 Milliarden €. Hinzu kommen aber noch Fremdwährungskredite für Konsumzwecke im Wert von 3,02 Milliarden € und sonstige Ausleihungen in Fremdwährungen von 8,06 Milliarden €. Noch gar nicht mitgerechnet sind dabei Kredite für Freiberufler und Selbstständige.

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